Lions fördern ATS-Suchtprävention am BBZ: Betroffener erzählt von Konsum und Folgen
Bad Segeberg (kf). „Gerade dieses Projekt ist uns eine Herzensangelegenheit“, sagt Christopher Reitt, Präsident des Lions Club Segeberg. Seit vielen Jahren unterstützt der Service Club die ATS (Ambulante und Teilstationäre Suchthilfe) in Bad Segeberg bei ihren Sucht-Präventionsveranstaltungen am Berufsbildungszentrum (BBZ) in Bad Segeberg.
In Zusammenarbeit mit dem Präventionsteam der Schule unter der Leitung von Christa Schröder kommen die ATS-Mitarbeiter mit verschiedenen Projekten zu den Schülern in den Unterricht und stellen dabei auch das Beratungsangebot des Suchthilfezentrums und ihre Arbeit mit Betroffenen und Angehörigen vor. Dabei bekommen sie Unterstützung von einem Betroffenen. Volker H. erzählt den Schülern von seinen Suchterfahrungen und den negativen Folgen.
Im Rahmen ihrer Erzieher-Ausbildung am BBZ steht im Ethik-Unterricht auch das Thema Sucht auf dem Lehrplan. Das sehr offene Gespräch mit Volker H. und den Schülern bildet einen thematischen Einstieg und wirkt nach, wenn die angehenden Erzieher später in der Kita auf alkoholisierte Eltern oder in Jugendwohngruppen auf Süchtige treffen und hilft richtig zu reagieren und auf die ATS zu verweisen.
„Ich erinnere mich an Gänsehaut-Momente“, sagt Martin Seele, der sich im zweiten Ausbildungsjahr zum Erzieher befindet. „Keiner erzählt so offen über dieses Thema wie Volker“, zeigt sich der Schüler vom Mut beeindruckt, der ganzen Schulklasse eineinhalb Stunden lang Rede und Antwort zu stehen.
Und Volker H. hat aus 30 Jahren Suchterkrankung mit mehrfach Abhängigkeiten wirklich einiges zu erzählen. Er sagt, er sei heute manisch depressiv, hätte erstmals mit 19 Jahren Opium und Cannabis konsumiert, später sei Heroin zu seiner Hauptdroge geworden. Er kann von Therapien und Rückfällen ebenso berichten, wie von Überdosen, Gedächtnislücken und Intensivstationen. „Ich habe viel erlebt“, sagt er und bezeichnet sich als seit zehn Jahren substituiert (medikamentös mit einem Ersatzstoff eingestellt). „Als clean kann ich mich noch nicht bezeichnen“, betont er.
Früher waren das Tabuthemen, heute sind wir soweit, dass darüber gesprochen werden kann“, betont ATS-Teamleiterin Daniela Willrodt, die mit ihren Kolleginnen diese Termine professionell vor- und nachbereitet. Volker sei bei den Schülern quasi der Eisbrecher. Er möchte bewusst machen und auf die Gefahr illegaler wie legaler Drogen aufmerksam machen. Die Gespräche helfen den Schülern aber auch ihm selbst.
Dank der finanziellen Unterstützung der Lions (insgesamt 10.000 Euro seit 2019) konnten bisher jährlich immer sechs solcher und ähnlicher Präventions-Termine am BBZ, überwiegend zu illegalen Drogen, stattfinden. Dank einer zusätzlichen Spende von 3.700 Euro können daraus jetzt zehn Termine werden. Dabei wurde der Wunsch an die ATS herangetragen auch zu Themen wie Medien, Alkohol oder auch Stressregulation etwas anzubieten.
Während beim Konsum illegaler Drogen am BBZ in zehn Jahren ein Rückgang unter den insgesamt 2.600 Schülern zu verzeichnen sei, habe das Rauchen und auch der Cannabis-Konsum wieder zugenommen, erklärt Christa Schröder. Beim Alkohol sei in der Altersklasse zwischen 17 und 20 Jahren ein Anstieg, ab Mitte 20 bis 30 ein Rückgang zu beobachten. Es sei aber offensichtlich, dass die Schüler auch unter der Pandemie gelitten hätten, was die Haltung und Körpersprache widerspiegele, sagt sie.
Hier gelte es, im Kontakt zu bleiben und bedarfsgerechte Beratung anzubieten. Das gelänge unter anderem über die Schulsozialarbeit am BBZ mit Christina Weiß und die einmal wöchentlich angebotene Suchtsprechstunde für Schüler.