Mitglieder des Behindertenbeirates nahmen die Innenstadt unter die Lupe: Wie barrierefrei ist Bad Segeberg?
Bad Segeberg (ohe). Die Stadt Bad Segeberg wünscht sich Barrierefreiheit. Seit 14 Jahren beschäftigen sich die Stadtvertreter mit dem Thema. Renate Franz und Ilona Matthews vom Behindertenbeirat nahmen die Innenstadt mit dem Blick auf Barrierefreiheit unter die Lupe. Ihr Resümee: Das meiste läuft gut, doch leider nicht alles.
Renate Franz und Ilona Matthews besuchten die Geschäfte in der Fußgängerzone. „90 Prozent der Geschäftsleute und Mitarbeiter waren nett, höflich und hilfsbereit“, sagt Renate Franz. Mit vielen unterhielten sie sich über das Thema Barrierefreiheit. Ein Optiker erzählte den Vertreterinnen des Behindertenbeirates von seinen Probleme, einen barrierefreien Zugang zu seinem Geschäft zu schaffen. Erst nachdem er einen Rechtsanwalt einschaltete, habe er die Erlaubnis zur Umgestaltung bekommen, erklärt Ilona Matthews. Andere Geschäftsinhaber haben ganz einfache und kostengünstige Möglichkeiten für einen rollstuhlgerechten Zugang geschaffen. Renate Franz und Ilona Matthews ist dabei das Kindermodengeschäft Lütte Lüd in der Hamburger Straße positiv aufgefallen. Inhaberin Viktoria Guse setzt hier eine transportable Rampe ein, die es ermöglicht, mit Kinderwagen oder Rollstuhl die Stufe im Eingangsbereich zu überwinden.
Holpriges Pflaster
Die holprige Pflasterung im Bereich vor der Volksbank bereitet Ilona Matthews in ihrem Rollstuhl Probleme. Auf den kleinen eckigen Granitpflastersteinen wird sie ordentlich durchgerüttelt. Manchmal bekommt sie dabei Krämpfe. Immer wieder ist das glatte Rotsteinpflaster in der Fußgängerzone von Kopfsteinpflaster unterbrochen. „Der Marktplatz ist toll geworden“, lobt Ilona Matthews.
Kühltruhen zu
schwer zu öffnen
Probleme hat sie in den Supermärkten. Rollstuhlgerechte Einkaufswagen, ausreichend breite Gänge und Kassenbereiche findet sie überall. Doch bei den Kühltruhen braucht sie Hilfe. „Die Türen lassen sich zu schwer öffnen“, sagt Ilona Matthews. Auch ältere Kunden haben hier oft ein Problem. „Für Kunden mit Sehbehinderung sind die Preisauszeichnungen zu klein“, meint Renate Franz. Lupen am Einkaufswagen oder größere Schriften könnten hier helfen.
Heikles Thema: Toiletten
Die öffentlichen Toiletten erlebten Renate Franz und Ilona Matthews als besonders heikles Thema. Die Stadt Bad Segeberg setzt hier auf das Konzept Nette Toilette. Dabei dürfen alle in teilnehmenden Geschäften, Restaurants und Cafés Toiletten kostenfrei nutzen. Wer das Konzept kennt, weiß, wer mitmacht. Und wer dann auch noch zu den Öffnungszeiten die Toilette besuchen möchte, der hat keine Probleme. Renate Franz und Ilona Matthews wurden in den Lokalen hilfsbereit und nett empfangen. Doch unter den Einheimischen und Touristen sind das Konzept und die teilnehmenden Betriebe nach wie vor kaum bekannt.
Die Vertreterinnen des Behindertenbeirates wünschen sich daher eine öffentliche barrierefreie Toilette. An der neuen Plushaltestelle am ZOB standen Renate Franz und Ilona Matthews vor verschlossener Toilettentür. Hier soll der Schlüssel künftig am Kiosk ausgegeben werden. „Heute gibt es innovativere Zugangsmöglichkeiten, zum Beispiel mittels EC-Karte“, sagt Renate Franz. Den Toilettenzugang an Öffnungszeiten von Geschäften zu knüpfen, hält sie für falsch. In ihren Gesprächen mit Geschäftsleuten hörten Ilona Matthews und Renate Franz die Forderung, die Stadt solle die Einnahmen aus der Tourismusabgabe für die Einrichtung einer öffentlichen Toilette nutzen.