Nachwuchsausbildung fordert hohes Engagement von Arbeitgebern
Wahlstedt (ohe). Fachkräfte zu finden wird für Unternehmen immer schwieriger. Die betriebliche Ausbildung wird daher immer wichtiger. Die Zeiten da Personalchef Emanuel Richter von der W. Pelz GmbH & Co KG in Wahl-stedt zwischen den Bewerbern um einen Ausbildungsplatz wählen konnte, sind längst vorbei. Heute ist er froh, wenn er überhaupt eine Bewerbung im Postkasten findet. Immer öfter gibt das Unternehmen auch Bewerbern mit schlechteren schulischen Leistungen eine Chance. Damit die in der Berufsschule den Anschluss nicht verlieren, bietet Pelz den Auszubildenden während der Arbeitszeit Nachhilfeunterricht an. Das Angebot findet Levin Arends (18) toll. Er ist im zweiten Lehrjahr als Maschinenführer. Besonders in Mathematik hat ihm der Nachhilfeunterricht schon geholfen.
Den kostenlosen Stützunterricht bietet die Agentur für Arbeit zwar allen Auszubildenden an. Doch nach Dienstschluss geht kaum einer der Lehrlinge freiwillig zu dem Unterricht. Thomas Kenntemich, Leiter der Agentur für Arbeit, lobt den Einsatz des Wahlstedter Unternehmens. Heute komme es auf die Haltung eines Unternehmens an, meint Kenntemich. Das Beispiel Pelz zeige, dass sich der Einsatz lohne. Kleineren Unternehmen ist es in der Regel nicht möglich, Lehrlingen während der Arbeitszeit Nachhilfeunterricht zu bieten. Die könnten aber flexibler reagieren und Bewerber zum Beispiel mit flexibleren Arbeitzeiten oder Vier-Tage-Woche locken.
Für die Kreisfachbetreuerinnen für berufliche Bildung, Wiebke Matties und Silke Wagner, steht fest, dass Bewerbungen niedrigschwelliger sein müssen. „Bei den Bewerbern fehlt das Mittelfeld“, meint Wiekbe Matties. Gute Schüler streben nach einem höheren Schulabschluss. Übrig bleiben Bewerber, deren schulische Leistungen früher für den Ausbildungsberuf nicht gereicht hätten. Ob die Auszubildenden im Betrieb bestehen, dass hängt meist von dem Rüstzeug ab, dass Eltern ihren Kindern mit auf den Weg gegeben haben. So ist die Erfahrung von Ausbilder Sven Rentzow bei Pelz. „Wo das fehlt, bekomme ich das oft nicht mehr gerettet“, sagt Rentzow. Wer im Schichtdienst arbeitet, müsse pünktlich sein und sich im Krankheitsfall abmelden. Das bekommen heute leider nicht alle Lehrlinge hin.
973 junge Menschen haben sich in diesem Jahr im Kreis Segeberg um einen Ausbildungsplatz beworben. Ihnen standen 1.437 Stellen zur Auswahl. „Möglicherweise bestand in diesem Jahr ein großer Nachholbedarf bei den Unternehmen, denn im Vorjahr war die Stellenzahl um über zehn Prozent eingebrochen“, teilt die Agentur für Arbeit mit. Zu Ende des Beratungsjahres waren noch 117 Ausbildungsstellen unbesetzt. Das sind 13 weniger als 2021.
Jetzt geht es darum, Nachwuchskräfte für das Ausbildungsjahr 2023 zu gewinnen. Thomas Kenntemich appelliert an die Unternehmen, nicht zu zögern. Wer frühzeitig Bedarfe meldet, erhöht die Chancen, sich die passenden Nachwuchskräfte für das kommende Ausbildungsjahr zu sichern. Auch Jugendliche, die im kommenden Jahr von der Schule abgehen, sollten jetzt die Berufswahl in die eigene Hand nehmen, rät Kenntemich.